„Meine fotografische Arbeit ist durchweg experimentell ausgerichtet.
Dinge des Alltags, in ihrer alltäglichen Funktion bekannt und vertraut, erfahren in der fotografischen Bearbeitung eine Veränderung ihrer Gestalt, ihrer Bedeutung und gehen neue Beziehungen ein.
Die Objekte werden kombiniert und in Szene gesetzt und durch verschiedene Apparaturen und Verfahren fotografisch verwandelt: Lochkameras, seit jüngster Zeit auch digitale Lochkameras, Slit-Scan-Systeme, unterschiedliche Montage- und Printverfahren u.a.m. werden genutzt, um physiognomische Qualitäten und Möglichkeiten der „Modelle“ sichtbar werden zu lassen.
Die fotografische Verwandlung und Interpretation der Alltagsdinge schließt häufig Züge des Grotesken und Hinweise auf historische Bildformen der Fotografie ein.“
„Fotografie bildet äußere Realität ab.
Sie tut das nach den Regeln der Apparatur und der Verarbeitungsprozesse.
Damit verwandelt sie zugleich Realität zu neuer Bild-Realität.
Bei aller Bindung an Phänomene der äußeren Realität sind ihre Bilder nie deren „einfache Wiedergabe“. Sie sind stets deren Interpretation, von den Intentionen des Autors, von apparativen Entscheidungen und Gegebenheiten „gefärbt“.
Mich interessiert vor allem, das Verwandlungspotential der Fotografie zu nutzen und neue Bilder der Realität zu entdecken und zu entwerfen .
Die meisten meiner Fotos können experimentell genannt werden.
Ihre Sujets und Bildthemen sind oft vertraute Dinge des Alltags, seien es nun Geräte und Utensilien, zur Nahrung dienende Feldfrüchte, oder auch die eigene Physiognomie.
Im fotografischen Bild gewinnen sie neue Aspekte, unvertraute Ansichten und veränderte Qualitäten und Bedeutungen.
Triviale, unspektakuläre Dinge zeigen neue Seiten, entwerfen mögliche Nebenwelten mit eigener, verquerer Logik.
Dies schließt das Groteske, das Augenzwinkern, den Humor ein, hinter denen allerdings die hintergründige Erfahrung sichtbar wird, dass die Vertrautheit und Geordnetheit der Welt sich als Scheinsicherheit herausstellt.“
Ein wichtiges Instrument der experimentellen Befragung der Realität ist für mich die Lochkamera, die ich seit vielen Jahren neben konventionellen Kameras benutze.
Sie ist keinesfalls ein kurioser und nostalgisch-alter Vorläufer „moderner“ Kameras, sonern ein eigenständiges System, das sich erheblich von dem System der Linsenkamera unterscheidet. Die Lochkamera bietet einen quasi unerschöpflichen Spielraum an Abwandlungsmöglichkeiten, die die apparative Projektion der Bilder der äußeren Realität bis an die Grenzen der gegenständlichen Entzifferbarkeit führen können.
Im Gegensatz zum stets gleichbleibenden Bauprinzip der Linsenkameras kann die Lochkamera verschiedenste Gestalt annehmen. Das bedeutet zugleich, dass man sie sich in der Regel nach seinen Vorstellungen, Ideen und Bedürfnissen selbst bauen muss.
Inzweischen benutze ich neben analogen Lochkameras auch digitale Kameras, die ich zu Lochkameras umrüste. Diese Lochkamerasysteme sind notwendigerweise baulich stärker festgelegt und beschränkt, stellen aber auf verfahrensmäßig direktem Wege andere Parameter und Bilddimensionen und eigenes experimentelles Potential ur Vrfügung: z.B. die Farbe, das „Bildrauschen“, die diversen Filter- und Bearbeitungsprozesse.
„Die künstlerische Frage, die ich unverdrossen an die `Realität´ stelle, ist die, warum ihre Existenz- und Erscheinungsformen so und nicht anders sind.
Die Fotografie als das Medium, das `Realität´ nach landläufiger Auffassung so getreu wiedergibt, scheint mir das Geeignete zu sein, solche Fragestellung bildlich zu formulieren.“
(zur Ausstellung „Jürgen Königs – schwarz-weiß“, Schloss Clemenswerth, 2010)

„Die Fotografie wird häufig missverstanden als schlichte Reproduktion und Abbildung der äußeren Wirklichkeit.
Bei aller im technischen Verfahren begründeten Bindung an Phänomene der Realität erzeugt sie aber zugleich auch eine neue und eigenständige Wirklichkeit: die Wirklichkeit des fotografischen Bildes.
Dieses schöpferische, die Realität umformende und interpretierende Potential der Fotografie hat mich in meiner Arbeit stets interessiert. Eine durchgängige Intention dabei war und ist, die Verwandlungskraft fotografischer Prozesse an vertrauten Dingen zu untersuchen und aufzuweisen und für meine persönlichen Ideen einzusetzen.
So entstanden im Laufe der Jahre Bildgruppen und -serien, die sich mit Alltagsgegenständen wie Küchengeräten oder Gemüsen, mit „Alltags-Landschaften“, oder auch mit der eigenen Physiognomie beschäftigen.
Die Sujets gewinnen im Bild neue Form- und Bedeutungsqualitäten, sie können Bestandteile von Inszenierungen werden, sich bis ins Groteske hinein verändern.
Es liegt nahe, dass ich bei der Aufnahme und im Labor Verfahrensweisen bevorzuge, die mir experimentelle Spielräume und Eingriffsmöglichkeiten bereitstellen.
Ein für mich in diesem Sinne faszinierendes Instrument ist die Lochkamera, deren überaus variable Projektionsprinzipien ich bis in Extreme hinein erkundet habe. Aber auch das Umfunktionieren konventioneller Kameras und in jüngster Zeit digitale Bildprozesse eröffnen experimentelle Perspektiven.
Die Verwendung „alter“ Kopiertechniken ebenso wie neueste Arbeiten, in denen digitale Bildtechnologie und Lochkamera verbunden werden, sind auch ein Plädoyer dafür, fotografische Verfahrensweisen unvoreingenommen zu betrachten und für die künstlerische Auseinandersetzung zu nutzen.“
(zur Ausstellung „Von Schöpflöffeln und anderen Geschöpfen“, Städt. Galerie Haus Seel, 2008)

„In vielen meiner Arbeiten wird die Materialität des Fotobildes als eigene Bedeutungsebene thematisiert:
Spuren von Attacken auf das Aufnahmematerial (Durchstoßen, Einreißen, Schneiden, Knicken, Biegen usw.), die Zerlegung von Bildbeständen und die Kombination heterogener Bildteile zu neuen Bildbeständen, die Forcierung des Bildrauschens -um nur einige Maßnahmen herauszugreifen- entspringen ästhetischen Interessen, aber auch medienreflektorischen Intentionen.
Sie konterkarieren die seit den Anfangstagen des Mediums feststellbare Tendenz, die fotografischen Apparaturen und Materialien zu verbergen (Stichworte: Miniaturisierung der Apparatur ; Automatisierung und Simplifizierung der Handhabung von Apparatur und Bildprozessen ; Eliminierung des Zeitabstandes zwischen Aufnahme und Bildbetrachtung), zu kaschieren zu Gunsten der Fiktion des Fotobildes als Faksimile, als unvermitteltes, gegenstandstreues und objektives Ebenbild äußerer Realität. Sie konterkarieren ebenso mit dieser Fiktion einhergehende Festlegungsversuche des Mediums.“